Vino Calabrese (Wein aus Kalabrien)
Der Weinanbau in Kalabrien geht auf weit entfernte Zeiten zurück und ist das Ergebnis zweier Kulturen,
die, was den internen Teil der Region anbelangt, an die italischen Völker (mit einem sehr primitiven Weinbau) und, soweit es die Küstengebiete betrifft, an die griechischen Bevölkerungen gebunden sind, die dem Sektor den Anstoss gaben.
Bereits im Jahre 744 v.Chr., Datum der Gründung von Reggio seitens der Griechen, blühte der Weinbau und zu dem aktiven Weinmarkt Sibari kamen bald weitere, wie z. Bsp. Crotone und Locri.
Dass der Weinstock eine wichtige wirtschaftliche Investition darstellte, bezeugt auch die von den Tafeln von Eraclea wiedergegebene Tatsache, dass die Pacht für mit Weinstöcken bepflanzte Böden im Vergleich zu anderen Böden der gleichen Qualität, die mit anderen Pflanzen kultiviert wurden, sechsmal höher war.
Über die in jener Zeitepoche erzeugten Weine weiss man leider fast nichts; Theokrit zufolge stellte man in Biblia oder Biblina Weine her, und es wurde ein guter Wein geschätzt, den man aus einer Rebsorte gewann, die aus Thrakien stammte.
Nach der römischen Eroberung wurde der Anbau des Weinstocks fast ganz aufgegeben und ersetzt vom Getreideanbau (Weizen) und der Viehzucht; die Weine von Biblia verschwanden, doch begannen langsam andere zu florieren, wie die von Cosenza, von Tempsa und von Turi, die von Plinius dem Älteren (24 n.Chr.) erwähnt werden.
Im Mittelalter blühte der kalabrische Weinbau erneut. Aus den von Federico Melis durchgeführten Studien ergibt sich, dass er – gemeinsam mit dem apulischen – Exportströme nach Norditalien und ausserdem in europäische Nationen wie Spanien und Frankreich nährte.
Nach dem 16. Jh. finden sich ein paar Angaben mehr; Sante Lancerio, der im 16. Jh. gelebt hat, erwähnt in seinem berühmten, an den Kardinal Guido Ascanio Sforza gerichteten Brief über die Natur und Qualität der Weine mit lobenden Worten «La Centula», «Il vino di Ciragio», «Il vino Pesciotta», doch vor allem «Il vino Chiarello», den er überschwänglich preist. «Er kommt aus einem Landstrich, der Chiarella (= Cirella, in der Provinz Cosenza) genannt wird, in der Provinz Kalabrien, drei Meilen vom Meer entfernt. Dieser Wein ist sehr gut und wurde von Seiner Heiligkeit und von allen Prälaten des Hofs geschätzt. Sehr viele verkaufen sich als Chiarello, aber um zu wissen, ob er aus Chiarella ist und um ihn in bester Qualität kennenzulernen, sollte der Wein von kräftiger Farbe sein, mehr als das Gold, und ziemlich wohlriechend, denn ohne Bukett wäre er aus Grisolia oder Orsomazzo, nahen Orten, obschon sie in Ripa als Chiarelli verkauft werden. Von dieser Sorte Wein trank Seine Heiligkeit das ganze Jahr über, er begann ihn ab Anfang März zu trinken, den ganzen Herbst hindurch. Und dieses Getränk hat nicht seinesgleichen, doch wenn man ihn bis zum Herbst retten möchte, muss man ihn im Frühling in grossen Mengen nehmen und an einen kühlen und ruhigen Ort legen, und ihn roh (= noch nicht gereift) nehmen, duftend und gross (mit hohem Alkoholgehalt), damit die Wärme ihn reifen lässt».
Diese Weine werden später auch von dem Arzt und Naturforscher Andrea Bacci in seinem Werk De naturali vinorum historia erwähnt, das reich an Hinweisen und Ratschlägen ist. Er schreibt: «Strabo (= griechischer Historiker und Geograph im 1. Jh. v. Chr.) – Buch VI – erinnert an das Dorf Cirella, das nicht weit vom Fluss Lao entfernt liegt, in dessen Umland man zwei Weinsorten herstellt, die eine wie die andere berühmt unter dem eigenen Namen, hell und rot. Die erste Sorte, die Wein von Cirella genannt wird, hat angemessen den Namen Chiaretto angenommen, aufgrund seines Glanzes und seines Körpers, und da er, was die Klarheit anbelangt, mit Gold konkurrieren könnte. [...] Unter den anderen Weinen hat er den Vorzug, dass er sich zwei oder drei Jahre hält, und er verdient es, das einzigartige Beispiel eines jedes erleseneren Weines genannt zu werden; er wird daher auch an gemeinen Tafeln und bei den Gastwirten als geläufig betrachtet, ist überaus angenehm für Gaumen und Magen, rutscht schnell in die ersten Venen und bis in die Nieren, er ist sehr nahrhaft, erzeugt gutes und dünnes Blut, führt die Reste der Körpersäfte in ihre natürlichen Bahnen, ist schweiss- und urintreibend, und vertreibt Nierengriess. Er steigt nicht zu Kopf, sondern belebt vielmehr alle Sinne und treibt den Geist der Alten und auch jener, deren Geist schläfrig ist, wunderbarerweise an zu tiefgehenden Spekulationen. Er erheitert Herz und Seele; in Bezug auf diese allgemeine Lobrede muss man ausserdem wissen, dass von den nahen Bevölkerungen nicht wenige Weine von San Marco, Scalea, Castelnuovo, Bonifazio und anderen Orten nach Cirella gebracht werden, die sich den Namen des Chiaretto widerrechtlich aneignen, jedoch seltenst all seinen Eigenschaften entsprechen und ausser von den an jenen Orten tätigen Händlern nicht anerkannt sind».
Später jedoch verliert die landwirtschaftliche Produktion Kalabriens – sowohl aufgrund der Änderung des Geschmacks der Verbraucher als auch wegen der Verbreitung von Weinen aus anderen Regionen – ihre Märkte im Ausland und in Norditalien und schliesst sich in ihre eigenen Grenzen ein.
Die hergestellten Weine sind aufgrund ihrer intensiven Farbe und des intensiven Körpers, des hohen Alkoholgehalts und des vollen Geschmacks vor allem Verschnittweine und sie entbehren des charakteristischen erdigen Geschmacks, der häufig in den Weinen der anderen Regionen des Südens zu finden ist. Sie sind jedoch auch heute noch sehr gefragt und die bekanntesten Produktionszentren sind Nicastro, Sambiase, Gizzeria, Ciro', Francavilla, Pizzo, Nicotera und Palmi.
Neben den Verschnittweinen fehlen nicht die hochwertigen Tafelweine, wie z. Bsp. der Savuto aus dem Gebiet von Rogliano, der Provitaro bianco mit seinem angenehmen Aroma, oder der Ciro' (Catanzaro) in den Sorten Weiss, Rosé und Rot.
Der nach der Plage der Reblaus neu entstandene Weinanbau hat sich gewandelt und mit hochwertigen Weinsorten, die sich auch in den DOC-Kreis eingereiht haben, qualifiziert.
CIRÒ BIANCO (Weisswein), strohgelb, charakteristisch im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 12-13°; man serviert ihn mit einer Temperatur um die 8-10° als Aperitiv oder zu Krustentieren und Fisch in Tranchen. DOC seit dem 4. Juni 1969.
CIRÒ ROSATO (Rosé), klar in der Farbe, angenehm im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 13 bis 13,5°; serviert wird er mit einer Temperatur um die 16-18° zu allen Gängen der Mahlzeit oder zu Fischsuppen und Innereien. DOC seit dem 4. Juni 1969.
CIRÒ ROSSO (Rotwein), intensiv rubinrot, mild im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 13,5 bis 14,5°; nach drei Jahren Lagerung wird er zur Riserva (Auslese). Man serviert ihn mit einer Temperatur um die 20-22° zu edlen Fleischsorten. DOC seit dem 4. Juni 1969.
DONNICI, rubinrot/kirschrot, im Geruch weinig, im Geschmack trocken. Er hat einen Alkoholgehalt von 12 bis 13,5° und wird mit einer Temperatur um die 18° zu allen Gängen serviert oder, gelagert, zu Braten und Wildbret. DOC seit dem 25. August 1975.
GRECO DI BIANCO, goldgelb, ätherisch im Geruch, süss im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 17°. Man serviert ihn mit einer Temperatur um die 8° ausserhalb der Mahlzeiten oder zum Dessert mit trockenem Gebäck, Obstsalat und Eis. DOC seit dem 12. Dezember 1980.
LAMEZIA, kräftig kirschrot, mild und weinig im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 12° und wird mit einer Temperatur um die 18° zu allen Gängen oder zu weissem Fleisch, Kaninchen und Schweinefleisch serviert. DOC seit dem 5. April 1979.
MELISSA BIANCO, strohgelb, charakteristisch im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 11,5°; man serviert ihn mit einer Temperatur um die 8° zu Antipasti, Fischgerichten und Eiern. DOC seit dem 29. November 1979.
MELISSA ROSSO, kräftig rosarot /rubinrot, charakteristisch im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 12,5°; bei 13° und nach einem Jahr Lagerung ist er Superiore. Man serviert ihn mit einer Temperatur um die 18° zu Fleisch und Schmorbraten. DOC seit dem 29. November 1979.
POLLINO, rubinrot/kirschrot, charakteristisch im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 12°; bei 12,5° und nach zwei Jahren Lagerung ist er Superiore. Man serviert ihn mit einer Temperatur um die 18° zu allen Gängen. DOC seit dem 3. November 1975.
SANT'ANNA DI ISOLA CAPO RIZZUTO ROSATO, klar in der Farbe, weinig im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 12° und wird mit einer Temperatur um die 15° zu allen Gängen oder zu Schafsfleisch serviert. DOC seit dem 11. Juni 1979.
SANT'ANNA DI ISOLA CAPO RIZZUTO ROSSO, rubinrot-rosarot, intensiv im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 12°; man serviert ihn mit einer Temperatur um die 16° zu allen Gängen oder zu Braten von weissem Fleisch. DOC seit dem 11. Juni 1979.
SAVUTO ROSATO, hell in der Farbe, charakteristisch im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 12° und man serviert ihn mit einer Temperatur um die 15° zu allen Gängen oder zu weissem Fleisch, Käse und Eiern. DOC seit dem 3. November 1975.
SAVUTO ROSSO, kräftig rubinrot, weinig im Geruch, trocken im Geschmack. Er hat einen Alkoholgehalt von 12° und man serviert ihn mit einer Temperatur um die 18° zu allen Gängen oder zu rotem Fleisch, Wildbret und Käse. DOC seit dem 3. November 1975.